Text: Beate Homölle
Vorleser: Pfarrer Thorsten Brüggemann
„Grüß Gott“ und Herzlich Willkommen auf dieser Bank.
Richten Sie Ihren Blick auf die St. Agatha Kirche. Das alte Gemäuer dieses neugotischen Bauwerks, das Sie hier in seiner vollen Größe und Schönheit vor sich sehen, hat eine interessante Geschichte. Gebaut aus hellem Baumberger Sandstein war es zunächst eine einfache Pfarrkirche. Sie wurde erstmals im Jahr 1188 erwähnt und hat im 15. und 18. Jahrhundert gotische und barocke Umbauten erfahren.
Schauen Sie noch einmal hinauf – auf den 65 Meter hohen Turm. Und genau dieser hat eine besondere Geschichte. 1740 hatte dieser Kirchturm zunächst eine zwiebelförmige, barocke Haube bekommen. Bei einem verheerenden Großbrand wurden in der Nacht zum 25. Oktober 1882 nicht nur viele Häuser im Dorfkern zerstört, auch der Kirchturm wurde Opfer der Flammen und stürzte ein.
Ein orkanartiger Südwestwind bliess in die Glut und fand an den Erntevorräten in den Häusern reichlich Nahrung. Leider noch bevor die Feuerwehr überhaupt aktiv werden konnte. Es wird sogar erzählt, dass aus einem der Häuser „brennender Speck“ durch die Luft gegen den Kirchturm geflogen sei und dort oben hängen blieb. Plötzlich brannte der Turm lichterloh, weil das Feuer in das innere Gebälk des Turmes gelangt war. Es heißt, einer der Anwohner rief erschrocken: „O Heer, o Heer, usse Hues is ienfall’n…!“ Er sprang aus dem Bett und lief nach draußen. Dort sah er, was passiert war und rief seiner Frau zu: „Gott Dank, et is blaoß de Kiärk…!“
Der angerichtete Schaden dieser für Epe bisher größten Brandkatastrophe war groß. Neben dem Kirchturm lagen 23 weitere Häuser in Schutt und Asche. Dass es sich bei diesem Feuer um eine Brandstiftung handelte, war nur eine vage Vermutung. Man wollte es einem Eperaner Junggesellen zuschieben, der dem Alkohol reichlich zusprach, denn man dachte, er hätte aus Rache gehandelt, weil man ihm keinen Schnaps mehr gab. Doch bei einer anschließenden Untersuchung wurden keine Anhaltspunkte gefunden, die auf eine Brandstiftung hingedeutet hätten.
Es sollte bis 1886 dauern, die gesamte Kirche wiederaufzubauen. Nach einem Entwurf des bekannten Architekten Wilhelm Rincklake aus Münster wurde das Kirchenschiff restauriert, der Chorraum erweitert und vor allem ein neuer Turm gebaut. Doch am 12. Juli 1886 geschah das nächste Unglück! Der neu erbaute Turm stürzte ein und zerstörte wiederum einen Großteil der Kirche. Nur der Chorraum und der Hochaltar blieben unversehrt. Großes Glück im Unglück hatten die zuvor etwa 1.500 Pilger und Gläubigen, die nur wenige Stunden zuvor zu einer Schlussfeier einer Wallfahrt noch in der Kirche waren.
Die Schuldfrage wurde nie eindeutig geklärt. Man sprach von ungeeignetem Baumaterial und einer mangelhaften Ausführung des Mauerwerks. Der Architekt und der Bauunternehmer wurden zu mehreren Monaten Gefängnis verurteilt. Die Strafe wurde ihnen jedoch erlassen, nachdem sie Schadenersatz leisteten und ihre Arbeit wieder aufnahmen, bis zur Vollendung der Kirche im Jahr 1892. Nach dem Kircheneinsturz entschloss sich übrigens der Architekt im Jahre 1896 zum Eintritt in das Kloster Maria Laach. Er wurde zum Ordenspriester geweiht und war auch später noch viele Jahre als Kirchenbaumeister Pater Ludger tätig.
Verweilen Sie gerne noch ein wenig auf dieser Bank. Und vielleicht lauschen Sie dem Glockengeläut. Es lädt uns ein, für einen Moment kurz innezuhalten.
Literaturnachweis:
- Wikipedia St. Agatha (Epe) https:/de.wikipedia.org/wiki/St._Agatha_(Epe)
- Heimatverein, Buch Epe in der Vergangenheit, Brauchtum in Epe und Gronau, 2. Auflage 1996